Stefan Zweig „Schachnovelle“


Das Buch

Das Buchcover

Zweig, Stefan: Schachnovelle. Illustriert von Volker Pfüller. 128 S. 1. Auflage 2002. Büchergilde Gutenberg Einband. SFr. 33.50 ISBN 3-7632-5200-2.

Zusammenfassung (Klappentext)

„Auf einem Passagierdampfer, der von New York nach Buenos Aires unterwegs ist, fordert ein Millionär gegen Honorar den mit mechanischer Präzision spielenden Schachweltmeister Mirko Czentovic zu einer Partie heraus. Der mitreisende Dr. B., ein österreichischer Emigrant, greift beratend in die hoffnungslos verfahrene Partie ein und erreicht so ein Remis für den Herausforderer.

Dr. B., von der Gestapo verhaftet und in einem Hotelzimmer von der Außenwelt hermetisch abgeschlossen, hatte monatelang 150 Partien blind durchgespielt, um sich so seine geistige Widerstandskraft zu erhalten, die er während der täglichen Verhöre brauchte. Immer neue Partien dachte er sich aus und verfiel zunächst der Schizophrenie, die schließlich zu einem Nervenfieber führte.

Jetzt spielt Dr. B. zum ersten Mal wieder gegen einen realen Gegner. Er schlägt den Weltmeister souverän, lässt sich aber auf eine Revanche ein. Während dieser zweiten Partie ergreift ihn wieder jenes Nervenfieber, das damals zu seinem Zusammenbruch geführt hatte.“

Der Autor

Stefan Zweig

Autorenportrait (Klappentext)

Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren, lebte von 1919 bis 1934 in Salzburg, emigrierte danach nach England und 1940 über die USA nach Brasilien. Sein episches Werk machte ihn ebenso berühmt wie seine historischen Miniaturen und die biographischen Arbeiten. Im Februar 1942 schied er in Petropolis, Brasilien, freiwillig aus dem Leben. Seine Erinnerungen erschienen unter dem Titel „Die Welt von Gestern“ postum 1944.

Der Aufsatz

Ich las gestern (21.08.2004) im Zug von Sulgen TG nach Grüsch GR die 128seitige „Schachnovelle“ von Stefan Zweig in knapp 2 h 30 min. Das ist Rekord – so schnell war ich noch nie mit einem Buch fertig. Selbst für die „Zeitmaschine“ von H. G. Wells brauchte ich länger!

Also mir gefällt die „Eröffnung“ der Novelle ausserordentlich. Wie plastisch er das Treiben beim Schiffsboarding beschreibt – wirklich sehr gekonnt! Auch Vergleiche wie „leerer Blick, wie ihn die Schafe auf der Weide haben“ (S. 8) gefielen mir sehr gut.

Bei der Beschreibung, wie der junge Weltschachmeisters Mirko Czentovic Arbeiten erledigte, benützt er einmal den Ausdruck „mit verärgernder Langsamkeit“ (S. 8), was mich persönlich ansprach, weil meine Mutter sich auch darüber beklagt, wenn ich in der Küche mithelfe…

An Zweigs Sprachegebrauch fiel mir auf, dass er gerne – allerdings nicht allzuoft – mir wenig gebräuchliche Fremdworte wie „monomanisch“ (S. 19) oder auch „Imbezillität“ (S. 16) verwendet. Das ist ein zweischneidiges Schwert: Vokabular kontra Verständlichkeit.

Lustig fand ich, dass er auch ein neues Wort erfindet: Konkret das Verb „ernsten“ (S. 26) als Gegenteil zu „spielen“. Das erinnerte mich natürlich sofort an „Der tiefere Sinn des Labens“ von Douglas Adams und John Lloyd.

Den Millionär McConnor führt Zweig, wie übrigens auch Czentovic vor ihm und Dr. B. später in der Novelle, durch eine kurze Nacherzählung der prägenden Erlebnisse oder sonst für die Geschichte wichtigen Eigenschaften des Charakters ein.

Die Überheblichkeit Czentovics gegenüber seinen Gegnern (S. 36) kam mir bekannt vor. In einer Mathestunde während des Studiums forderte mich ein Kollege zu einer Partie heraus. Er spielte sonst mit seinem Banknachbarn und dachte wohl, er hätte leichtes Spiel mit mir…

Stark ist die Satzwiederholung zur Verstärkung der Aussage als Dr. B. von den Akten erzählt, welche bei den Verhören durch die Gestapo auf dem Tisch vor ihnen lagen, „von denen man nicht wusste, was sie enthielten“ (S. 64 und S. 66).

Sehr eindringlich und plastisch empfand ich ausserdem seine Schilderung der Foltermethode Isolationshaft, die bei Dr. B. angewendet wird, und der Gratwanderung zwischen Opfer und potentiellem Verräter, die ihm als Verhörten zukommt.

Das „Spiel der Könige“ beschreibt Zweig als zwecklosen und sinnlosen Zeitvertreib auf begrenztem Feld (S. 83). So gesehen, frage ich mich unwillkürlich, welche Tätigkeit überhaupt Sinn macht – Fussball oder Büroarbeit sicherlich nicht?

Die Erzählung von Dr. B. über die Inhaftierung gipfelt in der „Zweiteilung“ des Ichs in „Ich Weiss“ und „Ich Schwarz“ (S. 87) – die zwei ewig opponierenden Kräfte beim Schachspiel – Symbole für Gut und Böse? Jedenfalls geht das über ein Zwiegespräch mit sich selbst hinaus!

Beim Ende macht es sich der Autor allerdings zu leicht. Es kommt ohne Vorwarnung, die Novelle ist dadurch sehr abrupt zuende. Dies steht in stilistischem Gegensatz zu seiner Art, sonst die Geschichte sorgfältig durch Erzählungen vorzubereiten.

Martin Vögeli am Sonntag, 22.08.2004 00:37

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Der Autor Stefan Zweig

de.wikipedia.org Biographie, Werke, Weblinks
sbg.ac.at Internationale Stefan Zweig Gesellschaft

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